Dienstag, 25. September 2012

Die verdummte(n) Behörde(n)



Durch eine besondere Schicksalsfügung habe ich eine Familie als meinen letzten „Ausländerfall“ übernommen. Momentan steht für mich Sozialrecht an vorderster Stelle, da weiterhin die Verwaltungsbehörde Jobcenter die Wurzel des Übels schlechthin ist. Allerdings muss ich mich auf diesem Wege bei allen unfähigen und menschenverachtenden Sachbearbeitern der letzten Jahre bedanken, die ich so kennen gelernt habe, Ihre Schulung meiner Person war hervorragend.

Aber zurück zum aktuellen Fall, der wieder einmal deutlich macht, dass es immer noch eine Steigerung des Wahnsinns gibt.

Grundlegend kann ich hier nur erklären, dass strittig ist, ob eine lebenslange Einreisesperre ohne Belehrung der Möglichkeit eines Begrenzungsantrages nach EU-Recht überhaupt statthaft ist. Dafür wurde bei der zuständigen Verwaltungsbehörde LABO, -Ausländerbehörde-, ein Überprüfungsantrag gestellt, ebenso wie drei weitere, einschlägige Anträge. Mittlerweile befinden sich alle Verfahren beim Verwaltungsgericht, wegen Untätigkeit der eben genannten Behörde.
Seit Eintritt des Rechtsanwaltes in das Verfahren, bis dahin haben sich die Betroffenen selber versucht, habe ich in der Ballung noch nie in so kurzer Zeit so viel Blödsinn von Behördenvertretern in so kurzer Zeit gehört. Aber bewerten Sie selber:

I. Zuerst einmal wurde bei einer persönlichen Vorsprache des Ehegatten der betroffenen Person eine ordentliche Vollmacht vor 8 Monaten vorgelegt. Damit ist nach § 14 VwVfG ein Vertreter legitimiert, so dass die Verwaltungsbehörde LABO, -Ausländerbehörde-, die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit hätte vornehmen können. Dies ist rechtswidrig (natürlich) nicht geschehen. Dadurch wurde die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit über 8 Monate verschleppt, die Betroffenen hatten sich sogar kurzfristig getrennt, da die Angst bestand, dass der Ehegatte verhaftet wird. Auf Nachfrage bei der Behörde wurde erwidert, dass eine Prüfung nur mit dem persönlichen Erscheinen einer betroffenen Person möglich ist. Komplett wahrheitswidrig und rechtsfehlerhaft, da ja gerade dafür ein Vertreter bevollmächtigt wird. Also der Nachweis der Untätigkeit.

II. Auf Nachfrage der Verwaltungsbehörde LABO, -Ausländerbehörde-, ob den die Einreise legal oder illegal erfolgt sei, wurde dann vom Verteidigervertreter erklärt, dass die Sach- und Rechtslage keine lebenslange Sperre der Einreise vorsieht, wenn das Delikt, was der Sperre zu Grunde liegt, unter 1 Jahr Haft sei. Weiterhin wurde die Überprüfung rechtzeitig gestellt, nur noch nicht beschieden. Darauf hin erwiderte doch der Behördenvertreter tatsächlich, der Überprüfungsantrag wäre erst dann zu bescheiden, wenn die Person das Erste mal legal einreist. Was wiederum kompletter Humbug ist, da Überprüfungsanträge klassisch bedingungsfeindlich sind. Und dass Gesetz nun einmal vorsieht, diese auch dann zu bescheiden, innerhalb von 6 Monaten, wenn keinerlei Anordnungsgrund gesehen wird, dann halt ersatzweise negativ. Diesen einfach zu ignorieren, aber per Schreiben mitzuteilen, dass er „weitergeleitet“ wird, wobei das Geheimnis darin liegt, an wen, wenn nicht an sich selber, als zuständige Behörde, ist schon fast humoristisch wertvoll. Würde es nicht um Menschen gehen. Vor allem lag dann aber die Grundlage für eine Untätigkeitsklage vor, da ja durch die Behörde selber bewiesen wurde, das der Überprüfungsantrag eingegangen ist, aber nicht innerhalb von 6 Monaten beschieden wurde. Tja, Unfähigkeit zu kombinieren mit Unwissenheit ist halt doch gefährlich!

III. Wer jetzt erwartet, dass die Behörde etwa auf den Antrag auf Duldung reagiert hätte, liegt auch wieder falsch. Fern jeder Rechtsordnung hat die Behörde auch dieses Begehren einfach ignoriert. Weder die mehrfachen Vorsprachen des Ehegatten, noch die Untätigkeitsklagen hatten die Behörde dazu veranlasst, jetzt etwa tätig zu werden. In totaler Ignoranz deutscher Verwaltungsvorschriften wurde einfach die Existenz der anderen Anträge ignoriert, um wiederum darauf zu beharren, dass auch dieser Antrag erst beschieden wird, wenn die legale Einreise durchgeführt wird. Also wieder die Quadratur des Kreises als Verwaltungsprogramm.

IV. Um der Behörde die Möglichkeit zu geben, ihre Fehler wieder zu beheben, wurde dann in einer persönlichen Vorsprache, mit der betroffenen Person, der Sachverhalt erörtert. Im Anschluss folgte dann eine ID-Behandlung. Während der Erörterung teilte uns ein Behördenvertreter mit, dass eine Belehrung über die Möglichkeiten der Begrenzung einer Sperre „immer erteilt“ werden würde. Darauf angesprochen, diese Belehrung zu zeigen, kam er mit dem Argument, die Hauptakte liege beim Verwaltungsgericht. Allerdings hatte er offensichtlich vergessen, dass wir die Akte bereits in Kopie komplett haben. Daraufhin verwies er auf weitere dubiose, nicht existente Verwaltungsvorschriften, die die Untätigkeit der Verwaltungsbehörde LABO, -Ausländerbehörde-, legitimieren sollte. Als ich ihm sagte, dass manchmal ein Baum nur ein Baum, und eine Untätigkeit eine Untätigkeit sei, wurde er rot und verließ das Zimmer, was soll man auch zu Sachargumenten sinnlos erwidern. Aber noch immer gab es keine Duldung, nur die Androhung einer Grenzübertrittsbescheinigung. Nach der ID-Behandlung wurde dann der Originalreisepass eingezogen, und eine Art Informationspapier für 4 Wochen ausgestellt, mit einer nächsten Vorsprache für den 20.09.2012.

V. Ich weiß jetzt auch (wieder), warum Anwälte Ausländerrecht entweder nur hochbezahlt, oder sehr unwillig annehmen. Man braucht schon eine sehr große Portion Menschenliebe gepaart mit einer Anzahl gut zahlender Mandanten, um auch nur einen so schwierigen Fall zu handhaben. Insgesamt habe ich mit den Betroffenen persönlich 28 Arbeitsstunden auf der Verwaltungsbehörde LABO, -Ausländerbehörde-, verbracht, bei gerade mal 5 Treffen. Diese langsame, ja menschenverachtende und anachronistische Bearbeitung, trägt nicht zur Motivation von Organen der Rechtspflege bei. Welcher Anwalt kann es sich leisten, seinen Mandanten zur Verwaltungsbehörde LABO, -Ausländerbehörde-, zu begleiten, um dort stundenlang sinnlos zu warten, um dann mit o.g. Blödsinn wieder erfolglos weggeschickt zu werden?  Auch sind die Warteräume so beschaffen, dass man auf gar keinen Fall dort bleiben möchte. Wasserspender oder behindertenfreundliche Toiletten sowie Sitzgelegenheiten sind kaum vorhanden. Über die Kinderfeindlichkeit der Verwaltungsbehörde LABO, -Ausländerbehörde-,  möchte ich hier lieber nichts mehr schreiben, sonst mache ich mich vieleicht noch wegen Beleidigung strafbar. So schafft man es natürlich auch, Betroffene von Rechtsanwälten fernzuhalten.

VI. Als Krönung des Ganzen durfte ich dann am 20.09.2012 die wohl abscheulichste, abenteuerlichste und menschenverachtendste Behörde Deutschlands kennen lernen. Und das ich dies mal über meine geliebte LAGeSo schreiben werde, mit der ich vernünftig seit 7 Jahren zu tun habe, hätte ich mir auch nicht träumen lassen. Aber von vorne:

Wir waren am 20.09.2012, wie vorgeschrieben, bei der Verwaltungsbehörde LABO, -Ausländerbehörde-, um die „Scheinduldung“ zu verlängern. Hier gab man uns ein abenteuerliches Papier in die Hand, was ich auch tatsächlich noch nicht kannte. Zur „Prüfung der örtlichen Zuständigkeit“ hätten wir uns sofort bei der LAGeSo –Asylbewerberbehörde- in der Turmstrasse zu melden. Da ich diese Anschrift bestens kenne, hier werden z.B. Zustimmungen zu Kündigungen von Schwerbehinderten geprüft, machte ich mir erstmals Hoffnung, dass jetzt alles gut wird. Weit gefehlt. Dort angekommen sah ich das Erste mal, seit ich diese Behörde kenne, eine riesige Menschentraube vor dem Eingang. Drinnen war es noch viel schlimmer. Es gibt dort einen mit maximal drei Personen besetzten Tresen, natürlich sind nie alle Plätze besetzt, wo man sich eine Wartenummer abholen kann. Ohne jegliche Ordnung warten dort Menschen mit oder ohne Nummer, umflossen von Dolmetschern und Mitarbeiter/Innen der Behörde, zwischen Neuankömmlingen und „alten Hasen“. Am besten ist der Vergleich mit einer Disco, ohne Einlass aber gratis Alkoholausschank, angebracht. Hier sitzen, durchaus zu Recht, komplett frustrierte Mitarbeiter/Innen, die irgendwann vor langer Zeit erfolgreich verdrängt haben, dass sie hier mit Menschen zu tun haben. Der Ton ist so rau wie bei der Armee, man musste wohl so aussehen wie ich (Geschäftskleidung), um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Aber genug, es wird ja noch besser.

Ich zeigte also das „Zuweisungspapier“ dem ersten freien Mitarbeiter, der mich fragte, ob wir Asyl beantragen möchten. Ich versicherte ihm ernsthaft, dass das keiner möchte, aber wir gerne wüssten, wo wir den weiterkommen. „Wenn Sie kein Asyl beantragen wollen, was machen Sie dann hier“? war die ernstgemeinte Gegenfrage. Ich verwies nochmals auf das Papier der Verwaltungsbehörde LABO, -Ausländerbehörde-, und sagte ihm, dass ich das so ernsthaft nicht beantworten kann, er sei doch der Vertreter der Verwaltungsbehörde.- Es war jetzt exakt 11:15 Uhr. Er sagte dann, wir sollen uns setzen, er holt „jemanden“.

Jemand war auch kompetent, und teilte mir mit, dass wir eine Überprüfung der örtlichen Zuständigkeit brauchen. Dafür hatten wir auch extra eine (Kopie der) Heiratsurkunde mit. Wie befohlen. Er sagte mir, der „Jemand“, dass Kopien hier nicht anerkannt werden. Schon leicht belustigt fragte ich ihn dann, ob „dies hier“ Timbuktu oder Berlin sei, da ich fest davon ausgehen muss, dass wir einer deutschen Verwaltungsbehörde eine Glaubhaftmachung einer Kopie hinkriegen werden, mindestens über eine Eidesstattliche Versicherung. Ernsthaft verunsichert gab er uns dann um 12:22 eine Wartenummer. Auf meine Frage, ob ich als Schwerbehinderter einen gesonderten Sitzplatz (in der Behörde für Schwerbehindertenbelange!) bekommen könnte, sagte er: NEIN. Zu diesem Zeitpunkt saßen bereits schon Schwangere auf dem Boden, die Becher für den Wasserspender waren leer (immerhin gibt es hier ja einen, auch wenn er nicht benutzt werden soll, kann, muss…). Erst auf meinen Hinweis hin musste eine missmutige Mitarbeiterin neue Becher einfüllen. Aber da war es schon so spät, dass dann die PAUSE anfing. Also ging es erst um 13:30 Uhr weiter, eine Stunde sinnloses warten auf… wir wussten es ja noch nicht.

Nach der PAUSE waren wieder keine Becher da… aber wozu auch. Da ich meine Medizin nehmen musste, meldete ich mich wieder wegen der Becher, und genoss so langsam den Status eines (gefährlich gut informierten und angezogenen) Querulanten. Aber siehe da, es wurden auch für die drittklassigen Asylbewerber und Menschen vierter Klasse die gleichen Becher wie für mich wieder in die Halterung am Wasserspender gepackt. Und sofort kamen 5-6 Kinder, die wirklich leicht dehydriert aussahen, und nahmen sich Wasser. Was für eine Unmenschlichkeit! Das nächste Mal möchte ich als einziger Deutscher auch einen exklusiven Becherservice haben!

Dann kamen wir gegen 15:30 Uhr zur ersten Sachbearbeiterin, nachdem wir Fotos und Pässe und Vollmachten mit der Behörde ausgetauscht hatten. Hier wurde uns sofort gesagt, dass heute keine Bearbeitung mehr stattfindet! Ich konnte darüber nur müde lächeln und wagte doch tatsächlich, nach dem „warum“ zu fragen. Natürlich das fehlende Original der Heiratsurkunde. Ich teilte der netten Sachbearbeiterin mit, dass diese sich an einem anderen Ort befindet, und meine Kundin gerne eine Eidesstattliche Versicherung über die Echtheit abgibt. Wieder: Moment, ich hole Jemand. Jemand war diesmal die Chefin, die mir sagen (wollte) musste, das wir die Kopie erst beim Notar beglaubigen müssen, oder Kopie und Eidesstattliche Versicherung, oder am Besten beides. Ich habe wohl alle Sympathien (die aber schon von Anfang an nicht da waren) verspielt, als ich ihr sagte, dass ich soviel Unsinn in einem Satz nur von Jobcentermitarbeitern gewohnt bin. Wie soll auch ein Notar eine Kopie beglaubigen? Oder die Kopie einer Kopie? Oder warum soll er eine Eidesstattliche Versicherung beglaubigen, die ja strafbar ist, wenn sie falsch ist? Naja, wir haben dann doch eine handschriftlich fertigen dürfen. Dann mussten wir wieder warten, bekamen aber schon mitgeteilt, dass alles ok ist, die örtliche Zuständigkeit ist Berlin, wir bekommen „gleich“ die Bestätigung.

Nun kamen wir zur nächsten, letzten Sachbearbeiterin. Diese teilte uns mit, dass wir wieder gehen können, es läge noch keine Wohnanschrift vor, wir sollen morgen wieder kommen. Da wir das schon mal gehört hatten, waren wir alle auch gar nicht mehr erschrocken und verwiesen auf das Formular der Verwaltungsbehörde LABO, -Ausländerbehörde-, natürlich mit Meldeanschrift der betroffenen Person. Außerdem gab sie uns die Eidesstattliche Versicherung wieder mit, da sie die gar nicht benötigt!? Und endlich waren wir fertig. Mit der örtlichen Zuständigkeit. Aber es geht noch weiter ;-)

VII. Mittlerweile im Behördensumpf als gut geschulte Vollziehungsgehilfen der Behördenwahnsinnigen geschult, mussten wir  ja noch die endgültige Entscheidung der Verwaltungsbehörde LABO, -Ausländerbehörde-, über Duldung oder Grenzübertrittsbescheinigung abholen. Da waren wir heute, am 24.09.2012. Plötzlich geht alles ein bisschen schneller, netter. Ich werde gefragt, ob die betroffene Person freiwillig ausreisen würde.  Natürlich würde sie, wenn mal endlich irgendeine Bescheidung der Verwaltungsbehörde LABO, -Ausländerbehörde-, vorliegen würde. Aber da werden wir wohl das Gerichtsverfahren abwarten müssen. Na gut, also wird uns gnädiger weise doch noch, die seit mehr als 10 Monaten beantragte, Duldung, hier für einen (ersten) Monat zu Teil. Wahnsinn. Und alles doch gar nicht so schlimm. Immerhin musste die betroffene Person, auf Grund der Versäumnisse der Verwaltungsbehörde LABO, -Ausländerbehörde-,  nur knappe 11 Monate illegal in Deutschland leben, immer in Angst, vom Ehegatten getrennt zu werden, dann durch deutsche Polizisten verhaftet, die immer willige Ausführgehilfen auch vieler falscher Verwaltungsentscheidungen sind.  Das Menschen in Deutschland schon wieder derartige Ängste gegenüber gottgleichen Beamten haben müssen, ist anachronistisch, und gefährlich für eine Demokratie. Und warum Verwaltungsbehörden derart menschenverachtend sein müssen, in Gestalt und Arbeitsweise, ist eine Schande. Es ist absolut lebensnah, das Menschen alleine niemals so weit gekommen wären, da die Ablehnungen für verwaltungsfremde Menschen durchaus logisch klingen (können). 

Aber wer kennt den noch Brecht? Er hatte schon damals vorausgesagt, was ein Deutscher mit Macht tut. Also nehmt den Beamten die Macht!



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